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Varieté VIPER 98
in Zusammenarbeit mit Lilian Raeber, Max Frei, Mo Diener, Marcus Maeder, Siraj Izhar, Micz Flor, Dominik Süess, Andy Feyes, Nader Kuhenusi und @ HOME im Rahmen von VIPER 98, Casino Kursaal Luzern

Jenseits der industriellen Produktion und Distribution von Zerstreuung und guten Gefühlen bleibt der Ausgangspunkt von Unterhaltung letztlich ein soziales Moment:

Cross Culture: Die Begegnung mit einer anderen, "fremden" oder "exotischen" Kultur ist zugleich eines der traditionellsten wie auch zwiespältigsten Motive des westlichen Konzepts von Unterhaltung. Die realen Voraussetzungen von Migration und die Situation der verschiedenen Minderheiten stehen meistens im krassen Widerspruch zu den eurozentrischen Vorstellungen einer "multikulturellen" Gesellschaft. So wird gerade die erfolgreiche Entwicklung neuer Stile und Richtungen - etwa in der Musik - im Spannungsfeld unterschiedlicher kultureller Herkunft immer wieder als Vorzeigebeispiel missbraucht, um das letztlich wirtschaftlich motivierte Konzept der "Globalisierung" aufzuwerten.
Performance: Im Zeichen des medialen Imperativs der „grössten Wirkung“, der „besseren Performance“ und der „realistischeren Effekte“ bilden die Auftritte der eingeladenen KünstlerInnen einen spannenden Kontrast mittels überraschend einfachen Aktionen und der „etwas anderen Wirkung“ physischer Präsenz im Raum.
Crossgender: Vor dem Hintergrund einer aggressiven und ständig wiederholten Festschreibung der eigenen Person auf bestimmte Rollen, etwa in der Werbung oder in der Unterhaltungsindustrie, ist es nicht ganz einfach, zu erkennen, dass das, was früher als Identität beschrieben wurde und worauf alle gesellschaftlichen Traditionen basieren, sich langsam transformiert und auflöst. Übrig bleiben eine Identität als Spiel, wechselnde Aspekte der eigenen Person, basierend auf einer berechtigten Abneigung gegen Zuschreibungen jeder Art und die damit verbundenen Diskriminierungen und Ausgrenzungen von "abweichenden Minderheiten".
Experimental: Ein zentrales Motiv der künstlerischen Arbeit mit neuen Technologien ist das freie Spiel mit Codes, Images und Identität. Ihre Bedeutung liegt in der Unterwanderung der als ungebrochen fortschrittlich dargestellten Realität und im lustvollen Missverstehen der allzu totalitär und chauvinistisch verkündeten Techno- und Informationsphantasien eines besseren (zukünftigen) Menschen und einer perfekteren (vernetzten) Welt, wo uns die Arbeit wie Freizeit vorkommt und die gesteigerte Produktivität eine besonders raffinierte Form von Unterhaltung ist.
Infotainment: Formale Momente, etwa die Art und Weise der Inszenierung oder der Grad an Dringlichkeit und Unmittelbarkeit verwandeln Informationen in News, Facts oder Infotainment. Um Formen der Unterhaltung dreht es sich in jedem Fall. Der Wegfall einer faktischen Objektivität ist denn auch Voraussetzung für den relaxteren, interessensfelder- und communitiy-bezogenen Umgang mit Informationen und Technologie, mit der Selbstlegitimation als ExpertIn im eigenen Fachgebiet und mit der Erfindung einer eigenen Öffentlichkeit für die eigenen Inhalte.
at Home: Das Private als Opposition zum Gesellschaftlichen oder Öffentlichen hat endgültig ausgedient. Die Unterscheidung zwischen privater Zeit zuhause, öffentlicher Zeit bei der Arbeit und gesellschaftlicher Zeit bei der Unterhaltung oder im Ausgang, gelingt nicht mehr angesichts der massiven Konzentration aller möglichen Tätigkeiten, Arbeiten und Angebote auf die uns zur Verfügung stehende Lebenszeit.

©psp 2000