Geschlecht



Ein feministisches Videoprojekt

VIDEO 1 Eva Eckert, Sabine Marte, Gabriele Marth, Dagmar Fink, Tina Leisch, Helene Graf, Karin Hirschmüller, Gaby Seel, Olga Stefaniok, Ines Doujak, Gabriele Bargehr

VIDEO 2 Franziska Schultz, Madeleine Bernstorff recommended by Hedwig Saxenhuber, INTAKT / Linda Christanell, Eva Eckert, Michaela Muhr, Gabriele Marth, Sharon Horodi recommended by Adi Rosenblum, Feministische Mädchenschule Virginia Woolf, Jane Heiß, Birgit Köster / Dorothee Plaß recommended by Ingrid Strobl, Tina Leisch / Gerda Klingenböck / Frauen der Lagergemeinschaft Ravensbrück recommended by Franziska Schultz, Fiona Rukschcio / Meike Schmidt-Gleim / Wally Salner, Judith Fischer / Amelie Cserer / Désirée Palmen, Hedwig Saxenhuber, Ricarda Denzer, Mikki Muhr, Tahereh Seren-Salem, Anastasia Posadskaya - Vanderbeck / Barbara Engel

VIDEO 3 Klub Zwei (Simone Bader, Jo Schmeiser) Dee Dee Halleck

VIDEO 4 Antke Engel, Ewjenia Tsanana, Ruth Noack

VIDEO 5 Elisabeth Löffler, Bernadette Dewald, Saniye Akkilic, Klaudia Gruber

DOCUMENTATION 1 Jane Heiß

DOCUMENTATION 2 Helga Hofbauer

DOCUMENTATION 3 Eva Eckert

Projektaufbau / Projektstruktur

Zum Projektaufbau: Zu den Themen Frauensoldarität. Frauenbeziehungen gestalten eingeladene Künstlerinnen und Theoretikerinnen Videos. Diese werden in unterschiedlichen Räumen der Öffentlichkeit und einer fortlaufenden,offenstehenden Arbeitsgruppe präsentiert und zur Diskussion gestellt. Die Dokumentationen dieser Arbeitsprozesse sind wesentlicher Bestandteil der Kompilation, die nach den ersten fünf Beiträgen erstellt wird.

Die Veröffentlichung der erarbeiteten Standpunkte erfolgt im Anschluß an die Präsentationen auf Plakaten.

Das gesamte Projekt besteht aus folgenden Teilen:
Zehn einzelne Videos, gestaltet jeweils von eingeladenen Künstlerinnen und Theoretikerinnen, die in öffentlichen Räumen präsentiert und zur Diskussion gestellt werden.

Workshop und offen stehende Produktion des ersten Videos

Eine fortlaufende, offenstehende Arbeitsgruppe diskutiert und reflektiert die vorgestellten Positionen. Diese Weiterentwicklung wird auf Video dokumentiert und hat entscheidenden Einfluß auf die Kompilation.

Plakate werden nach den jeweiligen Präsentationen der einzelnen Videos und dem Treffen der Arbeitsgruppe veröffentlicht. Sie sind Zwischenbilanz oder Subsumierung der bis zu dem Zeitpunkt geleisteten Arbeit innerhalb des Projektes und sind mit exemplarischen Bildern/Texten ´gefüllt´ bzw. wird so Zeit und Ort der darauffolgenden Präsentation angekündigt.

Parallel dazu werden die Inhalte der einzelnen Videos und die Ergebnisse der Arbeitsgruppe auf einer eigenen web-site veröffentlicht.

Die zur Verfügung stehende e-mail Adresse transportiert die Diskussion über den lokalen Kontext hinaus und bietet Interessierten die Möglichkeit, an dem Prozeß teilzunehmen bzw. ihn mitzugestalten.

Videoedition: aus dem vorhandenen Material (Videos und Dokumentation der Arbeitsprozesse) werden zwei Videos von 60 min. erstellt.

Zwei Moderatorinnen führen mit kurzen Kommentaren durch das Programm.


Zuwendung
D.H. "Experience may also be re-constructed, re-membered, re-articulated."

Der in den ersten Jahren der autonomen Frauenbewegung identitätsstiftende Begriff der Frauensolidarität wurde in Analogie zur Arbeitersolidarität und gleichzeitig als Kampfbegriff gegen sie entwickelt. Die autonome Frauenbewegung fand sich in der Überzeugung, daß die Diskriminierung ihres Geschlechts mehr als nur ein Teilaspekt des Klassenkampfes ist.

Sie rückte den Sexismus ins Zentrum ihrer Reflexion. Dadurch konnten sich Frauen quer zu allen Klassengrenzen als Gleich-betroffene definieren, was wiederum gemeinsames Handeln ermöglichte. Gleichzeitig wurde das Konzept der Frauensolidarität von Anfang an stark kritisiert und es herrschte Skepsis gegenüber dem Versuch, die Interessen der Frauen verschiedener Klassen und - mit dem Coming Out der Lesben in der Frauenbewegung - von unterschiedlichen Lebensweisen - auf ein gemeinsames Ziel hin zu bündeln. Die lesbischen Frauen trieben die Diskussion mit der Frage voran, ob denn Frauen, die privat ihren Männer-beziehungen verhaftet blieben, überhaupt fähig seien, frauensolidarisch zu handeln. In den frühen achtziger Jahren wurde das feministische Wir in der USA von farbigen Frauen angegriffen, die behaupteten, daß dieses Wir stets weiß (bzw. heterosexuell und bürgerlich) gewesen sei. Kritisiert wurde, daß die Unterschiede zwischen den Frauen und den verschiedenen Formen von Unterdrückung, denen die verschiedenen Frauen in unterschiedlicher Weise unterliegen, kein Gehör finden. Viele Frauen fingen an, "Identitätskategorien" als Basis einer politischen feministischen Bewegung anzuzweifeln, da "Identitätskategorien" niemals nur einen deskriptiven, sondern immer auch einen normativen und damit ausschließenden Charakter haben.

Das führte aber auch zu der Frage, ob es sinnvoll ist, wenn uns Theorien von Differenz in der Praxis fragmentieren und trennen, und ob wir "gleich" nur in dem Unvermögen sind, uns radikale gesellschaftliche Änderungen vorzustellen.*

In einer herrschenden Ordnung, in der Frauen auf Männerbeziehungen - auf Heterosexualität in einem umfassenden Sinne - fixiert sind und dadurch voneinander isoliert, stellen Beziehungen zwischen Frauen, die sich selbst als prioritär, lustvoll, befreiend und wertvoll setzen eine massive, weil fundamentale, Bedrohung für die patriachale Ordnung dar. Frauenbeziehungen sind in dieser patriachalen symbolischen Ordnung nicht repäsentiert, nicht bewertet, ungedacht oder abgewertet. Deshalb scheint es mir wichtig, sie zum Gegenstand von Theoriebildung zu machen und ihre potentiell ordnungssprengende (revolutionäre) Funktion aufzudecken.

Frauensolidarität ist ein Wert, der nahezu ausschließlich von Frauen vertreten wird und außerdem eine Fähigkeit/Stärke, die immer wieder hergestellt werden muß.

Im Gegensatz von Konzepten wie zB. ´Freiheit´ mußte sich politische Solidarität unter Frauen immer der Frage nach ihrer Erfahrbarkeit stellen. So als wäre der Begriff nicht primär eine Ziel- oder Wunschvorstellung, die nicht gleich durch unsolidarische Erfahrungen im Prinzip unmöglich wird. Wie kam es, daß diese zentrale Orientierungsgröße feministischen Diskurses so diskreditiert worden ist? Als bürgerlicher, nicht realisierbarer, feministischer Allmachtstraum (zudem noch moralistisch), dem kein veränderndes Potential zugesprochen wird? Gibt es denn soetwas wie ein Wir überhaupt, dieses Wir, das notwendig scheint, um politische Handlungsfähigkeit zu erreichen?

Teresa de Lauretis sieht in dem Versuch des Feminismus, sich selbst zu repräsentieren, zwei gleichzeitige Antriebe: einen erotischen, der u.a. Rebellion, Differenz, Subversion, Handlungsfähigkeit behauptet und die Bilder von Machtlosigkeit, Opfersein, Passivität, Feminität ablehnt und einen ethischen, der sich mit "Sisterhood", Koalition, gemeinsamer Verantwortlichkeit und gemeinsamen Tun befaßt.*

Könnte sich so ein Wir definieren, das ohne Differenzen abzuerkennen, diese vielmehr als "Quelle von Macht" (Audre Lorde) begreift? Ein Wir, das in der Verständigung über Differenzen zu gemeinsamen Strategien, Vorstellungen und Zielen kommen kann?

Frauen brauchen ihre Unterschiedlichkeit nicht zu beseitigen, um Solidarität zu empfinden.