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Das Klönthal
Ernst Buss, 1897

Die Künstlerkolonie in Vorauen-Richisau

Adolf Frei

Das Gessner-Denkmal
Kaspar Freuler, 1897

Die Spiegelungen des Klönthalersees
Carl Spitteler, NZZ 11. 10. 1890

Festgebräuche im Kanton Glarus
Die Alpfahrt, Wildheuet, Der Laubgang, Der Nidelabend
E. Buss, 1900

Untersuchungen über die biologischen und Fischereiverhältnisse des Klöntalersees
Prof. Dr. J. Heuscher, 1903

Richisau
F. Becker 1912

Das Elektrizitätswerk am Löntsch
Dr. E. Buß, 1919

Die Suche nach Höhlen
Arbeitsgemeinschaft für Speläologie, 1977

Die Oberstaffelhöle
Arbeitsgemeinschaft für Speläologie, 1977

Der Stein im Richisau
Karl Prantl, 1988

Was das Gasthaus "Richisau" alles zu bieten hat
Glarnerland/Walensee, Jahrbuch 1988

Durchsickerungen beim Erddamm Rhodannenberg
Ernst Honegger, 1990

Aussergewöhnliches im Klöntal
Pierre Haefelfinger, 1996



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Das Klönthal

nach dem Führer für das Glarnerland und Walensee

"Das wunderherrliche Klönthal wird an romatischem Naturreiz von keinem Thale der Schweiz übertroffen."
Dieses Urteil des besten Kenners der Schweiz, Iwan von Tschudi, sagt uns schon, dass wir hier ungewöhnlich Genussreiches zu gewärtigen haben. Und in der That: Wessen Fuss je einmal bei klarem Sonnenschein diesen auserlesenen Fleck Erde betreten hat, der trägt eine Fülle unvergesslicher, herrlicher Bilder mit sich durch's Leben.
Schon der Aufstieg ins Klönthal ist für sich allein ein über die Massen lohnender Marsch. Die Strasse führt über Riedern und Staldengarten (Gartenwirtschaft), fast beständig steigend, durch das romantische, vom wilden Löntsch durchschäumte Büttenertobel, so dass man fortwährend zur Linken unter sich das Wasserspiel dieses munteren Gebirgsjünglings, zur Rechten über sich die wie eine Festung aufgetürmte, kolossale, fast senkrechte, ja stellenweise überhängende Büttenenwand hat. Im Tobel führt eine neue steinerne Brücke in kühnem Bogen auf das andere Ufer (Illustr. S. 75). Man lässt diese zwar links liegen, aber geht doch nicht vorüber, ohne von ihr einen Blick in den 50 m tief durch senkrecht aufstarrende Felswände sich hindurchzwängenden Löntsch und seine Wasserstrudel zu werfen, eine Partie von grossartiger Wildheit. Beim Rückblick tauchen hinten im Sernftal der Piz Segnes mit dem Sardonagletscher auf, um bald wieder zu verschwinden. An der Kante des Wiggis ein menschenkopfähnliches Felsprofil, Louis Philipp genannt. Von Zeit zu Zeit Ruhebänke. Höher oben wird der Löntsch ruhiger, das Gelände ebener; man ahnt, dass etwas Neues kommen muss.
Auf der Höhe (828 m) öffnet sich mit einem Mal der Blick in eine neue, herrliche Welt. Man steht vor dem nördlichen Absturz des Glärnisch, einer riesigen, kühnen, wild zerrissenen Felsenmauer, die, 1 Stunde lang, mehr als 2000 m direkt in die Höhe steigt, auf ihrem zackigen Scheitel den Schmuck eines blendenden Gletschers trägt, eine Reihe von Bächen und Wasserfällen in die Tiefe sendet und ihren Fuss badet im reizendsten, anmutigsten aller Bergseen der Schweiz, dem viel besungenen, 40 Minuten langen, 1/4 Stunde breiten grünen Klönthalersee. Dieses Juwel des schönen Glarnerlandes entfaltet seinen vollen Glanz besonders des Abends bei Sonnenuntergang, wenn das majestätische Gebirge, von den Gluten des scheidenden Tagesgestirns übergossen, sich vom Fuss bis zum Gipfel auf der glatten Oberfläche spiegelt, so dass es, wie es in unendliche Höhen hinaufsteigt, sich zugleich in unendliche Tiefen hinabzusenken scheint, ein Schauspiel von bezaubernder Wirkung.

Vor dem See, in Seerüti, ladet eine kleine Wirtschaft zum Verweilen ein, wo man sich um Gondeln zur Schifffahrt meldet. Ein Fussweg führt über den Löntsch, der hier dem See entströmt, links (östlich) durch den Wald empor auf die Schwammhöhe (1080 m), wo sich ein herrlicher Überblick über das ganze Seebecken gewinnen lässt, rechts dem See entlang teilweise durch Wald zum Tiefenwinkel, einer reizenden Bucht, über welcher, in Feld und Wald verborgen, dem Idyllendichter Salomon Gessner ein Steindenkmal errichtet ist. Von da Fussweg weiter nach Vorauen. Vom See führt ein unterirdischer Schacht eine Viertelstunde weit hinab in den Löntsch; durch denselben kann dem See zu industriellen Zwecken nach Belieben Wasser entzogen werden, so dass der See ein künstliches Reservoir für die Fabriken in Riedern und Netstal bildet. Im Winter ist er schon von Ende November an zugefroren, so dass man mit Wagen der ganzen Länge nach darüber fährt, und lockt von weit her die Schlittschuhläufer auf seine spiegelglatte Eisfläche. Zugleich findet ein schwunghafter Eisexport statt, der in günstigen Wintern hunderte von Pferden und Fuhrleuten beschäftigt. 200 - 300 Schlitten fahren zweimal des Tages von den Stationen Netstal und Glarus her leer hintereinander hinauf zum See und nachher mit Eisblöcken beladen wieder hinunter, die in hunderten von Eisenbahnwagenladungen nach allen Ländern wandern.
Die Fahrstrasse zieht sich auf dem nördlichen Ufer in zierlichen Windungen am See hin und bietet immer neue Bilder von bestrickendem Reiz. Stunden lang kann man sich darein vertiefen und wird sie doch nimmer satt. Das Thal ist von allen vier Seiten so von Bergen eingeschlossen, dass gewöhnlich gänzliche Windstille herrscht und kein Lüftchen die ruhige Wasserfläche kräuselt. Dann bildet der See eben einen vollständigen Spiegel, der die ganze grossartige Umgebung in zauberhafter Weise wiedergibt.

Nach 3/4 Stunden ist sein Ende erreicht. In weitern 20 Minuten gelangt man ebenen Fusses zu der anmutig und friedlich im Grünen liegenden Häusergruppe Vorauen (838 m, 2 1/2 Std. von Glarus), einem reizenden, stillen Luftkurort in herrlicher Gegend, zugleich Ausgangspunkt für die Glärnischbesteigungen. Man hat vor sich die ganze Nordflanke des Glärnischmassivs: Milchblankenstock, Nebelkäppeler, Feuerberg und Ruchen; rechts die Silbern, hinter sich den Ochsenkopf (2181 m), flankiert vom Muttriberg und Rädertenstock (2295 u. 2276 m), an die sich der niedrigere Deyenstock anlehnt, und im Westen ein mit Häuschen und Ställen übersätes, sanft ansteigendes Wiesengelände, durch das sich die Fahrstrasse nach Richisau hinaufschlängelt. Der Thalgrund ist durch prächtige Ahorngruppen und Wäldchen belebt, durch die sich der Sulzbach seinen Weg bahnt. Hübscher Wasserfall. (..)

(..) Die Strasse steigt in 1 1/4 Stunden (für Fussgänger Abkürzungen) nach Richisau, der obern Stufe des Klönthales, hinauf. Hier ist der See nicht mehr sichtbar und nimmt die Gegend wieder einen ganz anderen Charakter an. Ein schmaler, ebener Boden, bedeckt mit Alpweiden, umsäumt und durchbrochen von malerischen Ahorngruppen, dehnt sich eine halbe Stunde weit zwischen Höhenzügen hin und bildet für sich ein abgeschlossenes, ungemein liebliches idyllisches Alpengelände. Vorn darin liegt malerisch an einem Ahornwäldchen in reiner stärkender Alpenluft die alt rennomierte Kuranstalt Richisau (1095 m, 3 1/2 Std. von Glarus und Netstal, Telephon, Sennerei). Nahe dabei die Richisauer Schwammhöhe (nicht zu verwechseln mit dem Aussichtspunkt gleichen Namens auf dem Sackberg) mit entzückendem Blick auf den Klönthalersee; tiefer unten Wasserfall der Richisauerklön. Lohnende Spaziergänge nach allen Seiten.

Noch eine Viertelstunde weit, bis zur Kantonsgrenze, ist die Strasse fahrbar, dann geht sie - im Kanton Schwyz - in einen Saumweg über und steigt zu den Sennhütten von Schwellaui und zur Höhe des Pragelpasses empor (1534 m), um an den Vierwaldstättersee zu führen ( Passhöhe 1 1/4, Dorf Muotathal 4 1/2, Schwyz 6 1/2 Std. von Richisau). (..)

Ernst Buss, 1897


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Die Künstlerkolonie in Vorauen-Richisau

Ihrer fünf Maler zogen im Sommer 1857 nach dem Richisau im Glarnerland hinauf: Johann Gottfried Steffan, Friedrich Voltz, Gustav Ott, Traugott Schieß und Rudolf Koller. Für das Richisau hatte Steffan geworben, indem er auf die staatsmäßigen Ahorngruppen hinwies, welche die oberste der von den Hängen der Silbern und des Schwarzstocks umschlossenen Stufen des Klöntals zieren. Nicht geringere Freude als die Bäume, die er häufig malte, boten Koller die Felsen und das wilde, von der Klön gegrabene Tobel der «Richisauer Schwammhöhe», der mächtigen Seitenmoräne, die das eigentliche Klöntal von Richisauer Alpweiden abriegelt. Von der Schwammhöhe sieht man hinunter auf die saftigen Talwiesen und über das Vorauen hinweg auf den blauen Klöntalersee. Zur Rechten steigt aus dem topfebenen begrasten Talgrunde die gigantische Felsbrüstung des Glärnisch zweitausend Meter hoch lotrecht in die azurenen Lüfte, gefurcht von unzugänglichen Lawinenbahnen und Runsengängen, gegliedert von den ragenden Felstürmen des Milchblankenstocks, des Feuerbergs, des Nebelkäpplers. Die erlesensten Künste aber läßt der Berggeist spielen, wenn das Abendrot um die Felszinnen und die gebänderten Gesimse spült, allmählich leiser flutet, bis endlich die letzte rötliche Welle in der blauen Dämmerung zerfliesst."

Adolf Frei


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Das Gessner-Denkmal


Eine halbe Stunde vom Rhodannenberg, von dem Sträßchen im «Güntlenau» links ins Waldesdunkel abbiegend, führt ein wenige Meter langer Pfad zu moosüberwachsenen Felstrümmern. Vom größten dieser grauen Blöcke leuchtet in weißen Lettern jene von künstlerischer Begeisterung für die Gedichte des großen Zürchers Salomon Geßner getragene Widmung, die Anno 1788 zwei Verehrer des Dichters hier seiner Poesie geweiht haben.

SALOMON GESSNERN
WOLLTE DIE NATUR EIN DENKMAL STIFTEN
UND SIE LIESS HIER SEINEN NAMEN VEREWIGEN
DURCH Z. UND B., 1788

Geßner selbst hat das Tal nie besucht; doch fanden die beiden Verehrer, Statthalter Büeler von Rapperswil und Pannerherr J. P. Zwicky von Glarus, mit Recht in der stillen Stätte am Seeufer das Symbol für die zarte Idyllenkunst des Poeten.
«Wir sahen einander an, konnten nicht reden; denn jeder hatte Tränen in den Augen; wir fielen einander um den Hals und küßten uns.» So erzählt Büeler von der intimen Einweihung des Denksteins.

Kaspar Freuler, 1897


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Die Spiegelungen des Klönthalersees


In der Meinung, es sei nicht überflüssig, Bekanntes zu gelegener Zeit in Erinnerung zu bringen, und in der Hoffnung es werde nicht als Unbescheidenheit ausgelegt werden, wenn ein Neuling mit frischer Bewunderung von altvertrauten Naturherrlichkeiten redet, erlaube ich mir, einen der allererlesensten Landschaftsgenüsse, die es auf Erden gibt, ins Gedächtnis zurückzurufen, ich meine die berühmten Spiegelungen des Klönthaler Sees.
Das Thema ist doppelt aktuell, in örtlicher wie in zeitlicher Hinsicht. Das erstere, weil man von Zürich aus an einem Sonntag hin und zurück gelangen kann. Fährt Einer mit dem Zehnurschnellzug ab, so kann er, nachdem er im Nettstall zu Mittag gegessen, nicht bloß den See, sondern was wichtiger ist, das jenseitige Ufer des Sees erreichen und zum letzten Zug, welcher 7 Uhr 16 Min. in Nettstall abfährt, wieder zurück sein. Auftsieg zum See: 1 1/2 bis 2 Stunden; Gang längs des Sees: eine Stunde. Vom Ende des Sees zurück nach Nettstall zwei und 1/4 Stunden, wenn man frisch geht. Summa: fünf Stunden Weg auf sechs Stunden Zeit.
Die vorgerückte Jahreszeit aber ist dem Ausflug keineswegs hinderlich, im Gegenteil günstig, da das eigentliche Ziel, nämlich die Spiegelung bei Sonnenuntergang je länger desto mehr vorrückt, also in den Bereich des Spazierganges fällt. Freilich wird nächstens die Witterung ihr gebieterisches Veto einlegen: nicht bloß der Frost, sondern auch die übrige Unbill, welche der Winter auf seinem reichhaltigen Angebot hat. Ist bei ungünstiger Witterung überhaupt der Aufenthalt in einem Alpthal ein fragliches Vergnügen, so muß man dort im Glarnerlande, bei den Gemsen und "Munken" noch Steinschlag und Lawinen gewärtigen. Der Weg mit seinen gewaltigen Schuttmassen und "Röseli" (Runseli) zu beiden Seiten erzählt deutlich genug davon, was Einem etwa passieren kann, wenn es "leid" ist, das will sagen: bei schlechtem Wetter. An einem wolkenlosen Herbsttag aber längs dem Klönthalersee zu wandeln, halte ich für einen unvergleichlichen Genuß, der die kühnste Phantasie und die berühmtestesten Veduten übertrifft; Grindelwald und Engelberg z. B. gelten mir als minderwerthig im Vergleich zum Klönthal, vom künstlerischen Standpunkt betrachtet, oder mit anderen Worten: nach dem Stimmungsgehalt beurtheilt. Es ist eine Vereinigung von Größe, Klarheit und Einfachheit, wie sie kaum wiedergefunden wird: in ihr beruht das Geheimnis jener nachhaltigen Überzeugungskraft, welche das Gedächtnis überwältigt, so daß, wer ein einziges Mal die Klönthaler Einsamkeit bei günstigem Lichte geschaut, das Bild zeitlebens nicht mehr vergessen kann. Kehrt man eben frisch von dort zurück, so gemahnt Einem jedes andere Gebirg an Unkraut.
Der Aufstieg zur Nachmittagszeit ist lästig, selbst im Oktober, weil man der Sonne entgegengeht. Freilich glüht der Löntsch, welcher über Terrassen in die Waldschluchten niederbraust, buchstäblich wie flüssiges Silber, das sich mitunter zu metallischem Staub über die Baumwipfel erhebt. Und jeder Schritt lohnt durch grössere Nähe des Glärnisch. Zuerst flankirt man die 3 Schwestern, dann dehnt sich das Vrenelisgärtli mit seinen Gletscherfeldern immer breiter ; zur rechten am Dejenstock zeichnet sich mit zunehmender Deutlichkeit das Profil des "Louis Philipp". Trotz der erhabenen Barriere, trotz dem Leuchten und Brausen des Baches erscheint Einem der Weg, da er im Ganzen und Große stets das nämliche Bild bietet, einförmig und lang, bis endlich die Höhe überwunden ist und ein azurblauer Streif den Seespiegel andeutet. Da liegt der See vor uns; schön, still und ruhig, doch im ersten Augenblick nicht eben überwältigend, weil der Blick, an Grösse gewöhnt, das Maß verloren hat. Die niedrigsten Kuppen haben zwar Pilatushöhe; allein das nimmt man da wie Hügel gleichmüthig hin und vom Glärnisch meint man nur so mit der Hand den Schnee wegnehmen zu können. Bald empfindet man jedoch den eigenthümlichen Frieden dieser großartigen Einfachheit.
Zuerst spührt das Auge in den grünen Koulissengeheimnissen der den Horizont abschließenden Berge umher, in den duftigen Waldmassen, welche nach dem Pragel hinaufführe; das schiebt sich rätselhaft durcheinander und darüber zieht sich eine fortlaufende Kette von trotzigen Felszacken hin.
Wir besteigen ein Boot, vielmehr einen flachen, plumpen Nauen und jetzt prüfen wir auch die Wahrheit der famosen Spiegelung. Allerdings, da unten im Wasser sehen wir das Vreneligärtli so deutlich wie oben in der Luft; jede Linie, jede Farbe, jedes Gehölz des Glärnisch ist genau zu erkennen. Es ist schön; immerhin ertappt man sich über dem Gefühl, man mache vielleicht des Aufhebens allzuviel davon. Der See ist vermöge seiner Kleinheit und Abgeschlossenheit ruhiger als ein anderer; warum sollte er also spiegeln? Das ist gewissermassen sogar seine Pflicht. Und da der Glärnisch daneben steht, muß er wohl den Glärnisch spiegeln. Ueberraschend indessen wirkt es, wenn ein anderes Schiffchen vorbeifährt. Eine solche Farbenhelligkeit des Wiederbildes im Wasser hat man nirgends noch gesehen, das bezeugt das unwillkürliche Staunen, das Einen dabei ergreift. Wir marschiren nach Vorauen und kehren dort ein. Nebelfeuchtigeit erfaßt uns beim Rückweg. Es ist Abend geworden und die Somme hat sich zurückgezogen, nur wenige gelbe Flecken im sumpfigen Bödeli zurücklassend. Das Profil des Glärnisch ist von einem breiten Sonnenschein halbiert, welcher allmählich glühende Farben annimmt, jetzt golden ist, jetzt röthlich. Das ist abermals schön, doch ist es wiederum nichts, was das Klönthal von anderen Alpengegenden auszeichnet. Damit gelangen wir zum zweiten Mal an den See, der mit allen seinen Ufern schon tief im Abendschatten liegt - und plötzlich erfaßt uns ein unnennbares Entzücken. Die tiegrüne Fläche ist mit Diamantfeldern, Rosengärten und Goldpalästen unterbrochen, in der Weise, daß die Feenherrlichkeit beinahe das ganze Wasser einnimmt, welches nur die sammtenen Schatten liefert, um die Leuchtkraft des Bildes zu heben. Gegenwärtig, im Herbste, sind einzelne Schatten vermöge der vergilbten Wälder rostig, im Hochsommer, wenn die Forsten ihr dunkles Laub besitzen, muß der Gegensatz noch gewaltiger sein. Die Diamant-und Goldfelder liefert hauptsächlich der Glärnisch mit seinen Gletschern und Felsen, dessen Widerbild über den ganzen See ragt, bis an das Ufer des Weges, so daß man sich über das Bord bücken muss, um die höchsten Spitzen zu bemerken. Die Rosen stammen von den Kurfürsten, welche in unglaublicher Farbenzartheit sich quer über den See legen. Die Kurfürsten vor allem sind es,wie wir jetzt gewahr werden, die den märchenhaften Reiz der Spiegelung ausmachen, indem sie den See in die Quere halbiren, so daß sie in ihrer ganzen Breite wie rosenfarbiger Atlas in dem finsteren Wasser prangen. Gleichzeitig kommt uns auch zum Bewusstsein, wie stolz oben in der Luft durch die Kurfürsten und den Fronalpstock abgeschlossen wird. Mit jeder Sekunde wechselt die Färbung und wir sind uneins mit uns selber, welche der Projektionen die beseligendere sei, ob die vertikale in der atmosphärischen Luft oder die horizontale Spiegelung. Der blaue Himmel kommt dabei gar nicht in Betracht; seine Farbe erscheint matt und blaß im Vergleich mit dem Felsenpurpur. Jeder Tritt, jeder Blick während einer langen Stunde, die uns am Seeufer entlang führt, bringt neues Staunen und neue Bewunderung; aber immer mehr gewinnen die rosengoldenen Kurfirsten, die über und neben dem Fronalpstock herüberschauen, den Vorrang über den Glärnisch. Am Fronalpstock seinerseits entdeckt das Auge, nachdem es sich etwas von dem Juwelenglanze der Nachbarn erholt, allmälig einen fast widernatürlichen Duft und Schmelz. Der Stock ist halb zart rehbraun, dünnockerfarben, als hätte man in die genannten Farben weiß gemischt; die Wälder des Stockes sind aber nicht etwa grün und schwarz, sondern bald halbviolett, bald hellblau. Und dieser Azurhauch auf dem Fronalpstock neben der Rosengluth der Kurfürsten ist die Krone des Ganzen. Sollte auch das sich wiederspiegeln?
Wahrhaftig, da liegt es in umgekehrter Projektion im Wasser, nicht um den geringsten Schmelz ärmer als oben in der Luft. Inzwischen ist der Glärnisch erloschen und nimmt grünliche Ockertinte an; allmälig entseelten sich auch die Kurfürsten. Vorbei. Was war es nun? Worin beruht das Geheimnis, mit nüchternem Verstande erforscht? Es beruht, kurz und unvollständig gesagt darin, dass die Spiegelung nicht etwa bloss den Rand des Sees behauptet, sondern sich über den ganzen See erstreckt, daß sie von drei Seiten geschieht, daß neben einem matten (dem Dejenstock) zwei glänzende Gebirge daran theilnehmen, die im Winkel zueinander stehen, daß das eine derselben den See halbirt, und folglich dem Wanderer der Breite nach entgegenfukelt, dass ein majestätisches Dunkel riesiger, doch weich bewachsener Felswände über und unter der Wasserfläche die düstere Folie für das wunderbare Juwelenleuchten bildet; daß der Horizont in erhabener Höhe dem zu Thal steigenden Wanderer einen einfachen klassischen Kreis und Abschluss bietet, den einzigen Einschnitt der Löntschschlucht mit zwei gleichwerthigen Gebirgen füllend, deren Ferne neuen Duft und andere Farben bringt.
Um das alles aber als Gesammtbild aufzufassen, muss man gleich dem Kind und dem Künstler die zerfetzende Einmischung des topographischen Urtheils fern halten. Es handelt sich ja nicht darum, jedem Stock seinen Namen, seine Distanz und seine geographische Identität zuzumessen, sondern zu schauen, was da ist, und alles, was sich vorschiebt, ins Bild aufzunehmen. Hat man die ästhetische Kraft, naiv zu sehen, was man erblickt, dann ist es keine poetische Auschmückung, wenn Einer behauptet, Gebirge von Gold und Silber, und Rubinen, Teppiche von blauem Sammt und schwarzer Seide über und unter dem Wasser zu sehen. Denn das alles ist für das Auge da; daß der Verstand Einem zuflüstert, das ganze Eldorado beruhe auf vorübergehender Sonnenwirkung, thut nichts zur Sache. Ob auch das Bild nicht halte, so ist es doch keine Täuschung. Sonst müßte ja ein Vogel ebenfalls eine Täuschung sein, weil wir wissen, daß er davonfliegen wird.
Während wir uns solches nach Kräften klar zu machen suchen, fängt der Glärnisch wieder an sich zu färben, darauf die Kurfürsten und wir werden inne, daß wir das Alpenglühen vergassen. Sterne und Mond werden ebenfalls keine zu verachtenden Lichtspender sein, allein wir müssen fort um den Zug zu erreichen. In finsterer Dämmerung und bald auch in völliger Nacht folgen wir der Strasse, wohl darauf bedacht, nicht über ein Bord herunterzustraucheln. Oben blitzen die Sterne, unten tost der Löntsch mit seiner weißen Gischt. Aus der Tiefe funkeln größere gelbe Sterne, erst einer, dann ganze Haufen. Das ist Riedern, dann Nettstall und Mollis.
Was bleibt nun lange zu philosophiren? Der Klönthalersee gehört zu den unglaublichen Naturschönheiten, die kein Traum erräth.

Carl Spitteler, NZZ 11. 10. 1890


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Festgebräuche im Kanton Glarus

Die Alpfahrt

Die Alpfahrt, die im Mai stattfindet, wird dadurch ausgezeichnet, dass das Vieh, blank geputzt, und reichlich mit Glocken behängt, in schönem Zuge durch die Ortschaften nach der Alp getrieben wird, voran der Senne mit roter Weste und Lederkappe, die hochbepackte "Meise" am Rücken, an einem fort durch "Heierlen" (eine Art Jauchzer) und Zurufe lockend, darauf die Leitkühe mit den mächtigen "Brummschellen" (Vorschellen), den Melkstuhl zwischen den Hörnern, dann die übrigen Kühe und Rinder und zuletzt der "Zusenn", der "Junger" und die "Alpknechte", alle mit grossen Lasten von Salz und Geräten auf dem Rücken. Die stärksten Kühe sind nicht selten mit Blumensträussen geschmückt; und wenn die Sennen ihre Jodler ertönen lassen, singen die Kinder in den Dörfern ihnen etwa zu:
D'Rafausle, d'Rafausle, die wachsed uf der Alp,
Und wenn der Schnee zergangen ist, so fahre d'Burä z'Alp!
(Rafausle heissen die nichtrostblättrigen Alpenrosen), und freuen sich nicht wenig der Herden, die stolz und mutwillig im Vorgefühl der ihrer wartenden Sommerfreiheit an ihnen vorüberziehen).
In ähnlicher Weise vollzieht sich im September die Heimkehr, die Alpentladung,
Während des Sommers erhalten die Sennen auf den Alpen an schönen Tagen Besuche von ihren Angehörigen, besonders von den Jungen, die in der Nacht schon aufbrechen, um bei Sonnenaufgang droben zu sei und alsdann noch irgend einen Gipfel zu besteigen, um hier die Aussicht zu geniessen. Da fehlt es dann nicht an "Fenz", "Nidel", "Ziegermilch" und anderen Gerichten, wie die Sennhütten sie hervorbringen. (..)

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Wildheuet

Noch mag erwähnt werden, dass der Beginn des "Wildheuet" d. h. des Heuens in den freigegebenen Rasenplätzen zuoberst im Gebirge, wo das Vieh der Gefahr wegen nicht mehr weiden kann, alljährlich durch Beschluss der Gemeindebehörden bekannt gegeben wird. Dabei besteht der Brauch, dass derjenige, der vom erlaubten Tage an zuerst auf einem "Wildheumahd" eintrifft, seine Anwesenheit durch lautes Johlen kund zu geben hat. Damit er sich das jus primae occupationis (das Recht der ersten Besetzung) erworben, und es darf kein anderer ihm den betreffenden Heuplatz streitig machen. Wenn also der "Wildheuet" auf Jakobstag oder für die hochgelegenen Bezirke am Glärnisch und Wiggis auf 1. August eröffnet ist, brechen schon mitten in der Nacht Scharen von Wildheuern auf, um am Morgen womöglich die besten Plätze in Besitz nehmen zu können. Sie haben Fusseisen bei sich, die sie an steilen Stellen anziehen, um nicht auszugleiten, und nehmen etwa eine Ziege mit, von deren Milch nebst Brot und Kartoffeln sie sich Tage lang ernähren. Die Nacht bringen sie in kleinen Scheunen, den "Wildheugädeli", zu, wo sie ihr Heu unterbringen, um es alsdann im winter auf Schlitten ins Tal hinabzuführen.

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Der Laubgang

Aehnliche Bräuche knüpfen sich an den Laubgang im Herbst. Wenn im November der Föhn losbricht und das dürre Buchlaub fällt, lässt die Gemeindebehörde die Erlaubnis zum Laubrechen in den öffentlichen Waldungen durch Ausschellen bekanntgeben. Dann ziehen des Morgens ganze Familien mit Rechen, Säcken, Betttüchern ("Bettziechen"), oft auch mit Karren aus in die Wälder "ins Bettlaub", d. h. um das Laub für die Betten zusammenzurechen. Die ärmern Leute haben nämlich in ihren Betten unter der Matratze oder dem "Unterbett" keine Federmatratze, sondern einen mit Laub gefüllten Sack, den es aufzufrischen gilt. Da nimmt nun eine Familie eine Baumgruppe für sich in Beschlag. Die Knaben steigen auf die Bäume und schütteln, die anderen rechen oder wischen zusammen, die dritten lesen sorgfältig etwaige Zweige heraus oder fassen ein, während wieder andere das Laub mit den Füssen in die Tücher und Säcke stampfen. Dazwischen wird auf den prallen Säcken der mitgebrachte Proviant verzehrt, gejohlt und gesungen, und abends geht's im Zug mit der Beute heimwärts die Männer grosse Bürden auf dem Rücken, die Frauen und Kinder wenigstens einen Sack auf der Schulter.

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Der Nidelabend

Eine spezielle Form glarnerischer Familiengeselligkeit bilden die bereits (..) erwähnten sog. "Nidelabende". Diese finden in der Zeit zwischen Martini und Neujahr statt, während welcher die Zeitungen beständig "frischen Nidel" (Rahm oder Sahne) ausschreiben. Die Familien laden ihre Bekannten auf den Abend nach dem Nachtessen zu sich zu einem "Nidel" ein. Dabei wird etwa um 9 Uhr eine grosse Schüssel voll Schlagrahm auf den Tisch gestellt und gegessen, wobei nach alter Sitte jedes mit seinem Löffel in die gemeinsame Schüssel langt. Dabei kann es nicht fehlen, dass gelegentlich ein Löffel mit dem anderen in Kollision gerät, Eines mit seinem Löffel dem Andern auf die Finger schlägt. Aber nicht genug daran. Mutwillige Stimmung gehört zum Anlass. Man sucht sich daher auch unversehens von dem Rahm ins Gesicht zu streichen oder anzuspritzen, womit namentlich das junge Volk sich neckt, bis zuletzt die ganze Gesellschaft mit weissen Nasen und Wangen dasitzt. Dass sich darüber jeweilen schallendes Gelächter erhebt, ist selbstverständlich. Ja, ursprünglich gehört zum "Nidelabend", was auch heute etwa noch praktiziert wird, dass durch Aufschlagen der einen Hand auf die andere Rahm an die meist nicht hohe Zimmerdecke geschleudert wird und man darauf sieht, ob er auch dick genug sei, um hangen zu bleiben. Zum Rahm wird immer auch in kleinen Spitzgläschen Kirschwasser serviert.

E. Buss, 1900


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Untersuchungen über die biologischen und Fischereiverhältnisse des Klöntalersees


(..) Aeltere Autoren erwähnen als Fische des Klöntalersees den Hecht, die Bergforelle, den Barsch und die Trüsche. In einer Publikation aus dem Jahre 1894, betitelt: "Ueber das Vorkommen von Fischen in den Alpenseen der Schweiz" (Biolog. Centralblatt Bd. XIV No. 8) gibt Imhof als im Klöntalersee einheimisch an: den Barsch (Perca fluviatilis) und als eingesetzt: den Hecht (Esox lucius) und den amerikanischen Saibling Salvenius namaycush, also zusammen 3 Fischarten. - In Wirklichkeit existieren gegenwärtig folgende Fische im See:


Teleostei, Knochenfische.

a) Physostomi:

I. Esocini, Hechte:
1. Esox lucius L., der Hecht
II. Salmonoidei, Forellenartige:
2. Salmo fario L., die Bachforelle
3. Salmo lacustris L., die Seeforelle
III. Cyprinoidei, Karpfenartige:
4. Leuciscus rutilus L., der "Schwal" (?)
5. Abramis brama L., der Brachsmen (?)
6. Phoxinus laevis L, die Ellritze
IV Cataphracti, Panzerwangen:
7. Cottus gobio L. die Groppe


b) Anacanthini:

V. Gadoidei, Schellfische:
8. Lota vulgaris, Cuv., die Trüsche


c) Acanthopteri:

VI. Percoidei, Barsche:
9. Perca fluviatilis L., der Barsch

Ursprünglich einheimisch sind in unserem See wohl nur die Bachforelle und die Groppe. Alle andern sind jedenfalls nachträglich eingesetzt worden. Von Leuciscus rutilus und Abramis brama wissen wir das genau, vom Hecht und Barsche ist es selbstverständlich, den der wilde Löntsch ist keine Wohnstätte für sie und auch die Seeforelle, die allenfalls vor der Laichzeit aus dem Walensee eine Strecke flussaufwärts wandern könnte, vermag die Wasserstürze, die ihrem Aufstieg als Hindernis entgegenstehen, nicht zu überwinden. Im gleichen Falle ist es die Trüsche; sie ist nicht ursprünglich Bergbachbewohner. Wo sie sich im Unterlaufe solcher Bäche findet, da ist sie aus Flüssen der Ebene oder aus Seen eingewandert, also von unten her, dieser Weg aber ist in der Schlucht des Löntsch jedem Fische verschlossen. Ich halte auch die Ellritze für keinen ursprünglichen Bewohner unseres Sees. So viel ist anderseits sicher, dass Hecht und Barsch und Trüsche schon längst neben der Forelle im Klöntalersee zu Hause sind.
Eine nette Gesellschaft! Einer der gefrässigere Räuber als der andere!
Wie soll da ein ordentlicher Fischbestand aufkommen? (..)

(..) Trüsche und Hecht sind die gefährlichsten Feinde aller kleineren Fische und wo man die Aussicht hat, mit Erfolg die wertvollen Salmoniden zu hegen, muss diesen beiden Räubern möglichst nachgestellt werden. Die Zahl der Sportfischer, welche es auf den Hecht abgesehen haben ( mit der Schleppangel) ist zwar eine zienlich grosse. Es dürfte aber im Sommer wenig schöne Tage geben, an denen nicht ein oder einige Schleppangler auf dem See herumrudern; allein wenn die Behauptung auch richtig sein mag, dass die Zahl der Hechte infolge des intensiveren Fanges im Laufe des letzten Dezenniums zurückgegangen sei, so ist eben doch eine rationelle Verfolgung des Schädlings bloss mit der Angel kaum möglich. Am wirksamsten könnte der Vermehrung des Hechts durch dessen Fang während oder eher etwas vor der Laichzeit begegnet werden. Bei dem gegenwärtig verhältnismässig geringen Forellenbestande des Sees begreifen wir zwar, dass die Sportfischer - wirkliche Berufsfischerei wird an unserem See nicht betrieben - einer Ausrottung des Hechts nicht gerade günstig gesinnt sein werden, da er eben derjenige Fisch ist, der am leichtesten an die Schleppangel geht. Wir würden es daher als im Interesse der Fischerei liegend betrachten, wenn der Hecht im Klöntalersee durch einen andern, weniger gefährlichen, wertvolleren und für den Angelsport ebenfalls günstigen Fisch ersetzt würde. Ein solcher wäre der Salmo mamaycush Pennant, ein Bewohner der grossen Seen im Norden der vereinigten Staaten. Im Jahre 1886 besetzte Dr. Delachaux in Interlaken, der damalige Präsident der Sektion Oberland den Sägistalsee am Fusse des Faulhorns mit einigen hundert Alevins dieses Fisches.
Der Segistalsee liegt 1938 m hoch, ist daher noch länger mit Eis bedeckt, als der Klönsee, und doch gediehen dort die Fische sehr schön, waren doch im Jahre 1895 an der Fischereiausstellung in Bern mehrere Prachtexemplare dieses Fisches, aus dem Sägistalsee stammend, ausgestellt und den Sportfischern wird gewiss recht ordentlich der Mund wässerig, wenn sie die hübsche Schilderung einer "Fischerfahrt an den Sägistalsee" lesen, welche Sekundarlehrer Krenger (in Interlaken) in Bd. VII. 1899 (pag. 224 und 232 und ff.) der "Schweiz. Fischereizeitung" publiziert hat. (..)

Prof. Dr. J. Heuscher, 1903


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Richisau


Da liegt ein Werkplatz, wo die Natur ihre Schönheiten zusammengetragen hat und die Maler herkommen, sie ihr abzulauschen. Steffan, Volz, Diday und Koller holten sich da ihre Beute. Auch Literaten und Komponisten kehrten gerne hier ein, so Sudermann und Hermann Götz, der hier seine Oper 'Der Widerspenstigen Zähmung' schuf. Dass alle diese und viele andere immer wieder gerne kamen und sich wohl fühlten, dafür sorgte das einst hier waltende liebe Wirtepaar, der 'Vetter Fridli' und die 'Bäsi Martha'. Hier ist gut sein, hier lasst uns Hütten bauen.Wie drei verschiedene Jahrhunderte oder drei Perioden der Siedelung stehen die drei Gebäude nebeneinander, die ursprüngliche Alphütte, das alte Wohngebäude und das neue Kurhaus; zugleich zwei Stufen der Wirtschaft, das Alp- und das Talleben, Wiese und Weide, Ahorn und Tanne. Wir sind auf 1095 m Höhe, auf einer Vorstufe zum Eindringen in die Hochwelt des Glärnisch, zum Hinüberwandern über die Braunalpelihöhe (2170 m) nach dem Linthal oder zum aufsteigen in die Karrenwildnis und Wirrnis der Silbern (2307 m).

F. Becker 1912


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Das Elektrizitätswerk am Löntsch


Wer abends von Zürich oder dem Rheintal her mit der Eisenbahn ins Glarnerland einfährt, ist angenehm überrascht durch den sich hier bietenden prächtigen Blick auf die hohen, firnglänzenden Berge, die in stolzem Kranze das Tal der Linth umstellen, und mit wachsendem Staunen verfolgt das Auge bei weiterem Vordringen gegen Süden die vom Rautispitz und Wiggis gebildete riesige Felsmauer, die zur Rechten fast senkrecht 1800 m hoch aus der Ebene emporsteigt, um dann beim Dorfe Netstal jäh und plötzlich mit ungewöhnlich kühn geschnittener Silhouette gegen Westen umzubiegen. Hier, nahe an der Biegungskante, nun gewahrt man in beträchtlicher Höhe oben am Berge und mitten in der schroffen, unzugänglichen Felswand, wo kein Mensch es erwarten sollte, - wie seltsam! - ein mächtiges Tor, ein kraftvoll aus großen Quadern errichtetes monumentales Portal, das, offen stehend, in eine Höhle blicken läßt. Was ist das? frägt man sich unwillkürlich. Wozu in dieser einsamen, unwirtlichen Höhe ein solches Tor? Wohin mag es führen? etwa zu unterirdischen Gängen und Felsenkammern, in denen seltene Erze oder Kristalle aufgespeichert lagern, oder gar zu einem jener Zauberschlösser, von denen die Märchen erzählen, wo Berggeister ihre geheimnisvollen Schätze hüten? In der Tat! Es befindet sich dort im Innern des Berges ein Schloß und zwar eines, das die aller kostbarsten Schätze mit den wunderbarsten, zum Teil noch wenig bekannten Kräften in sich schließt, ein Wasserschloß! Schade nur, daß man's vom Bahnwagen aus, zumal bei der dämmerung, nicht besser sehen kann. Aladins Wunderlampe möchte man haben, um schnell hineinzuzünden. Doch halt! Ist sie nicht schon da? Flammte denn nicht eben dicht am Tor blitzartig ein Licht auf, das wie eine elektrische Lampe den Eingang taghell erleuchtet, während gleichzeitig unten im Tal große Gebäude fast feenhaft im Glanz von vielen hundert Lichtern erstrahlen? Jetzt seht doch nur: Hinter dem Portal die weite, tief ins Innere dringende Höhle! Könnten wir da hindurchgehen, so würden wir nach Durchquerung einer Mauer in einen langen, langen, ganz in den Felsen gehauenen, fast schnurgeraden Gang gelangen, der nahezu eine Stunde weit lichtlos mitten durch den gewaltigen Berg hindurchführt. Kommt man aber am entgegengesetzten Ende wieder heraus, so sieht man sich wie durch einen Zauberschlag plötzlich in eine völlig andere Welt versetzt. Da öffnet sich vor den erstaunten Blicken ein rings von majestätischen Bergen umschloßenes, paradiesisch schönes, einsames Tal, ein Gebirgsidyll, das kaum seines Gleichen findet. Ueber dem höchsten der Berge lagert ein weithin schimmernder Gletscher, Lawinenzüge durchfurchen die mächtigen Felswände, und zahlreiche Bäche mit Wasserfällen schäumen lustig ins Tal hernieder, während in den Höhen Gemsen springen und Murmeltiere pfeifen und an den Abhängen friedlich das Alpvieh grast. Der Talgrund aber ist gänzlich ausgefüllt von einem wunderlieblichen, mit Booten belebten See, in dessen kristallklaren Wasser diese ganze Herrlichkeit sich in ungekehrtem Bilde wiederspiegelt und teils am, teils im See stehen sonderbar gestaltete Gebäudchen, die weder Häuser noch Türme, noch Tempelchen sind, aber von allem etwas an sich haben und in denen man's tief unten geheimnisvoll rauschen hört. - Nun sage uns aber doch jemand, was es mit all diesen seltsamen Dingen für eine Bewandtnis hat! Wohlan, vernehmet:
Der Gletscher, die Bäche, der See, die eigenartigen Bauwerke, der eine Stunde lange Tunnel, das Wasserschloß mit der strahlenden Lampe und der hell erleuchtete große Bau in der Tiefe, von dem aus eine Seilbahn mit drei Strängen zum Wasserschloß hinaufzuführen scheint, dies alles und eine ganze Reihe anderer Einrichtungen gehören direkt oder indirekt als dienende Glieder zu ein-und demselben Werke, zum großen, wundervollen Elektrizitätswerk am Löntsch, dem ohne Zweifel interessantesten und leistungsfähigsten aller elektrischen Kraftwerke der Schweiz. Die Gletscher des Ruchen- Glärnisch, des Vrenelisgärtli, des Bächigrates und Bächistockes, sowie die zahllosen Schneefelder und Quellen des Klöntales und seiner Nebentälchen, eines Gebietes von 81 Km2, liefern dazu das Wasser; der um seiner Schönheit willen berühmte Klöntalersee, eben der vorhin geschilderte, bildet das Sammelbecken, das all diese Wasser aufnimmt, und der von dort aus künstlich durch den Berg getriebene Stollen führt sie weiter ins Wasserschloss.
Hier werden sie verteilt und gezwungen, durch drei eiserne Röhren - bald werden es deren vier sein -, die aus der Ferne wie Geleise einer Seilbahn aussehen, in jähem Sturze über die Felswand hinunter auf die Turbinen des unten im Tale befindlichen Maschinenhauses zu strömen, wo die durch diesen Schwall entstehende ungeheure Wasserkraft sofort in elektrische Energie umgewandelt wird, die, an meilenlangen Drähten ins Land hinaus geleitet, einen großen Teil der Ost- und Nordschweiz nebst Umgelände mit Licht zur Haus- und Strassenbeleuchtung und mit Kraft zum Antrieb tausender von Motoren in großen und kleinen Betrieben versorgt, indessen das Wasser nach geleisteter Arbeit ruhig weiter fliesst und sich gleich unterhalb des Maschinenhauses in den Löntsch, den natürlichen Abfluß des Sees, ergießt, um gemeinsam mit diesem etwas weiter unten in der Linth aufzugehen.

Unten am Löntsch endlich nimmt der überaus stattliche, fensterreiche Monumentalbau der Kraftzentrale die sprudelnde Fülle des dem Klöntalersee entzogenen Wassers den Turbinen auf. Außer diesen enthält der Unterbau die Maschinenfundamente und den Transformatorenraum, der Oberbau die gewaltige Maschinenhalle und das ihr vorgelagerte Schalthaus, daran zwei Flügelbauten mit allerlei Diensträumen, worunter der Ausführungsturm, von welchem die Drahtleitungen in die Welt hinausgehen. Das Hauptinteresse vereinigt sich auf die an wundervollen Geheimnissen reiche Maschinenhalle. Hier arbeiten, von den Turbinen angetrieben, 7 riesige Generatoren mit angebauten Erregern, Maschinen, die durch die Bewegung der mit Drähten umwickelten Magnetpole gegenüber stillstehenden Drähten in diesen letztern elektrischen Strom, sog. Dreiphasenwechselstrom von je 6000 Pferdekräften und die Siebente gar von 15,000, der sich im Laufe des Jahres eine ebenso leistungskräftige Achte anreihen wird. zusammen also vollbringen sie eine Leistung von jetzt 51,000, demnächst 66,000 Pferdekräften, was von keinem anderen Kraftwerk der Schweiz erreicht wird. - Diese ungeheure Summe von elektrischer Energie wird nun, bei den Transformatoren je nach Bedürfnis in hochgespannten Drehstrom von 27,000 oder 47,000 Volt Spannung umgewandelt, auf Hochspannungsleitungen in die Schweiz hinausgeführt (heute Feederleitungen 48,000 Volt), um hier nach Transformierung in Drehstrom niedrigerer Spannung, teilweise in andere Stromarten, die Fabriken, die elektrischen Bahnen und Tram, die Telegraphen und Telephone, in den Häusern die elektrischen Klingeln und Aufzüge in Bewegung zu setzen, dort in den Kirchen die Glocken zu läuten und die Gebläse der Orgeln zu ziehen, in den Bäckereien die Knet-, in den Metzgereien die Hackmaschinen, den Bauern ihre Pumpen und Dreschmaschienen, den Schreinern, Drechslern, Buchdruckern ec. ihre Räder zu treiben, den Mägden die Oefen zu heizen und das Essen zu kochen und allenthalben die Straßen, die Häuser, die Säle, die Wohnstuben, die Keller, die Schaufenster mit herzerfreuendem Lichterglanz zu erfüllen.
Es ist unmöglich, hier all die Mechanismen zu beschreiben, die sich im Maschinenhaus unter ohrbetäubendem Surren, Rasseln und Rauschen scheinbar mühelos, in Wirklichkeit aber mit unglaublichem Kraftaufwand und staunenerregender Schnelligkeit bewegen. Wer sie aber, auf der Kommandobrücke der großen Maschinenhalle stehend, auch nur eine Weile beobachtet und sich gleichzeitig die Summe von Intelligenz, von geistiger und körperlicher Kraft, von den Anstrengungen vieler Hunderter vergegenwärtigt, die es gebraucht hat, das alles auszudenken und zu schaffen, dazu die kaum übersehbare Fülle der segensreichen Leistungen, die auf Jahrhunderte hinaus davon ausgehen werden, der ist überwältigt von der Größe des Sieges, den der menschliche Geist in solchen Riesenwerken über die rohen Gewalten der Natur davonträgt, indem er sie zur Ehre des Schöpfers wie spielend seinem klaren, unerbittlichen Willen dienstbar macht.

Dr. E. Buß, 1919


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Die Suche nach Höhlen


Auf der Suche nach einem Höhlengebiet stösst unser Höhlenforscherverein im Frühling 1975 auf das Klöntal. Nach Absprache mit den zuständigen Gemeindebehörden und den Landbesitzern erhalten wir auch prompt die Erlaubnis, in diesem Gebiet nach Höhlen zu forschen. Unsere Arbeiten zwischen Twiren und Dejenstock können beginnen. Im Juli 75 organisieren wir auch unser erstes Forschungslager, wobei wir auf der Alp "Chängel" logieren. nach intensiver Oberflächenbegehung finden wir auch bereits die ersten Höhlen. Systematisch wird nun das unwegsame Gelände quadratmeterweise durchkämmt und untersucht. Doch die mühsame Freizeitarbeit lohnt sich, finden wir doch bis zum Ende des Lagers bereits elf Höhlen. Alle werden vermessen und es wird begonnen ein Kataster zu führen. Ebenso wird der gesamte Höhleninhalt erkundet. Nach dem Lager schreiben wir die angesammelten Daten in Form von Berichten wieder. Ueber die Winterzeit müssen wir unsere Forschungsarbeiten einstellen und den Frühling abwarten. An Ostern können dann bereits , wenn auch noch teilweise Schnee liegt, die ersten Oberflächenbegehungen im zweiten ''Klöntaljahr" unternommen werden. Die Hauptarbeit soll aber in einem zweiten Höhlenforscherlager weitergeführt werden. Spontan erhalten wir auch dieses Jahr wieder eine Fahrbewilligung, damit wir unser Material auf die Alp fahren können. Und so verunsichern auch dieses Jahr wieder Höhlenforscher die Gegend auf der Suche nach unerforschten Objekten. Das Absuchen eines Gebietes erfordert viel Zeit und Geduld. Doch auch dieses Jahr werden wir mit der Entdeckung von etwa zwanzig neuen Höhlen für unsere Arbeit entschädigt. Gegen das Ende unserer Ferienzeit finden wir ein grösseres Objekt, welches aber erst im Sommer 77 erforscht wird. Leider vergehen die Ferien viel zu schnell. An Pfingsten 1977 steigen wir nach dem Winter erstmals wieder ins Klöntal und können auch eine weitere Höhle finden. Das Ziel des dritten Sommerlagers im "Chängel" ist der Abschluss der Oberflächenbegehungen und der Höhlenvermessung bis zum Dejenstock. Nebst der Fertigbearbeitung der Oberstaffelhöhle, so nennen wir die im Vorjahr gefundene längere Höhle, finden wir auch dieses Jahr einige interessante Objekte. Besonders im Bezug auf die Erforschung der Wasserführung stossen wir in das interessantere Gebiet, zur Dejenalp vor. Mit dem Abschluss dieses Forschungslagers, können wir auch im Gebiet Twiren bis Dejenstock ein erster grosser Teil unserer Arbeit abschliessen.

Arbeitsgemeinschaft für Speläologie, 1977


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Die Oberstaffelhöhle


Diese, bisher längste Höhle auf der linken Talseite, hat zwei Eingänge. Sie liegen nur 15m auseinander und im gleichen Spalt verlauf. Der eine Einstieg liegt in einer kleinen Mulde, knapp unterhalb der Krete des kleinen Felsrückens. Der andere findet man fast auf gleicher Höhe und ist bedeutend markanter. Hier bildet die 1 m breite Spalte den Einstieg, der in Richtung des andern Eingangs als Gang weiterverläuft. Im Gegensatz zu diesem Einstieg handelt es sich beim andern Eingang um einen schmalen, niedrigen Durchschlupf, durch den man in die sofort grösser werdenden Höhlenräume gelangt. Der HAUPTGANG beginnt mit dem kleinen Einstieg. Unmittelbar nach der 0.5 m langen Passage fällt der Gang nach unten fast senkrecht ab. Rund 16 m tiefer liegt der kiesige Höhlenboden. Die Decke verläuft zuerst kurz nach oben und fällt dann steil ab, bis eine Absetzung folgt. Die Deckenhöhe beträgt hier noch 10 m. Die Decke fällt am Ende fast senkrecht ab und bildet das Gangende. An dieser Stelle führt eine schmale Spalte ans Tageslicht. Jedoch ist dieser Engpass nicht schliefbar. Der Spalt kommt inmitten der senkrechten Felswand des Felsbandes an die Oberfläche. An dieser Stelle mündet der Hauptgang mit dem Martergang zusammen, der durch den anderen Einstieg ebenfalls von aussen begehbar ist. Die Gangbreite des Hauptganges schwankt zwischen 1 und 2 m. Beim Abstieg in den Hauptgang gelangt man auf ein Podest auf ca. 10 m Tiefe, das aus eingeklemmten Gesteinsbrocken besteht. Senkrecht unter dem Einstieg führt der Gang unter dem abfallenden Spalt durch und setzt sich weiter in der Gegenrichtung fort. Nach wenigen Metern folgt eine Mulde, auf deren Sohle eine enge Gangfortsetzung zu sehen ist, dies gehört aber bereits zum Labyrinth. Nach dieser Mulde mit einer Stufe gelangt man in eine Halle, das Labyrinth, wo sich der Gang in drei Richtungen teilt. Die talwärts liegende Hallenwand ist sehr stark mit Kalzitkristallen überdeckt, teilweise bis zu drei übereinandergewachsene Schichten.
Der Hauptgang führt in gleicher Richtung weiter und nimmt nach einigen leichten Kurven ein Ende. Dort wird der bisher bis 5 m hohe Gang nach oben etwas weiter und höher. Ein anderer Teil führt nach unten und endet auf einem Kies-Schotterpodest.
Der obere Teil führt über eine Stufe auf ein kleines Podest, das bis ans Tageslicht reicht. Könnte man hier durchschlüpfen, würde man wiederum inmitten der südlichen Felswand herauskommen. der Hauptgang hat also beide Enden an der talwärts stehenden Felswand.
Im LABYRINTH verläuft ein zweiter gang quer zur Halle, bzw. Hauptgang, talwärts und fällt stark ab bis etwa 7 m. Einige Gänge führen labyrinthartig unter der Halle durch. Der eine endet in der bereits beschriebenen Mulde im Hauptgang, während andere quer unter der Halle durch in den Hoffnungsgang einmünden oder enden. Der Hoffnungsgang führt aber auch direkt quer zur Halle bergwärts. In einem abgesetzten Schacht von ca. 11 m gelangt man zur Abzweigung ins Labyrinth. An der hinteren Höhlenwand des Schachtes führt auf Deckenhöhe eine enge Spalte quer und eine weitere in Gangrichtung weiter. Ein Passieren wird jedoch bald unmöglich.
Der HOFFNUNGSGANG beginnt eigentlich erst am Fusse des kleinen Schachtes. Durch einen ca. 80 auf 55 cm grossen Durchschlupf gelangt man in den oberen, nach unten rund 10 m abfallenden Gang. Nach einer Stufe von 6m Tiefe verläuft ein podestartiges Felsband schräg bis auf den Boden. Hier finden wir relativ grosse Gangdimensionen. Die Breiten liegen zwischen 1,2 m und 3,5 m und die Höhen zwischen 9 m und 12 m. In der Flucht des Durchschlupfs verläuft der Gang nach einem rechtwinkligen Bogen in der gleichen Breite quer dazu, also fast in der Richtung des Hauptganges. Nach hinten folgt eine Deckenstufe und der Gang verengt sich zusehends. Am Ende des schrägen Podests verläuft der Gang in der anderen Richtung ebenfalls fast rechtwinklig weiter. Die Breite verengt sich nach oben und verläuft in eine schmale Spalte. Der Boden steigt nun stark an und ist mit Schotter bedeckt, im Gegensatz zum restlichen Teil des Hoffnungsganges, der einen sandigen-kiesigen Boden aufweist. Da die Decke horizontal verläuft, wird der Gang immer niedriger und endet nach einer Deckenstufe in einem Versturz. Der tieftse Punkt des Hoffnungsganges ist der tiefste Punkt der
Höhle (-38,5m).
Der MARTERGANG beginnt am östlichen Ende des Hauptganges. Nach einer kleinen Stufe und dem Podest am Ende des Hauptganges steigt man noch ca. 5 m schräg in der querlaufenden Spalte hoch und gelangt so zur Fortsetzung. Der Martergang ist stellenweise sehr eng und scharfkantig. Er windet sich in leichten Bögen dem Ausgang zu. Es folgt ein kleiner Schlot. 6,5 m höher führt der Gang horizontal zum zweiten Einstieg, welcher in einer breiten Spalte ausläuft. Am Fusse des Schlotes führt der Gang noch einige Meter weiter, bei geringer Ganghöhe. Der Martergang ist stark versintert und speziell in Eingangsnähe treffen wir viel Mondmilch an. Der Ausstieg in die Eingangsspalte ist ca. 1,5 m hoch und 1m breit und auch gut passierbar.

Arbeitsgemeinschaft für Speläologie, 1977


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Der Stein im Richisau

Wer heute ins Richisau gelangt, wird zu einem ungewöhnlichen Verweilen eingeladen. Inmitten eines Hains von altem Bergahorn liegt der Quader eines großen Steins - in der Nähe des neu errichteten Gasthauses, des Nachfahren einer ganzen Reihe von Vorgängerbauten, die schon seit Generationen der Rast, der Einkehr, zeitweise auch der Kur dienten. Der Stein schafft eine eigene Art von Mitte, Halt und Zeichen. Karl Prantl hat ihn, einen blautönigen brasilianischen Bahia-Granit, 1981 dort aufgestellt und in den Sommermonaten der folgenden Jahre (bis 1985) bearbeitet. Den Auftrag gaben ihm jene, die Besitz und Sorge um die gesamte Alp ererbt haben, die sich angelegen sein lassen, die Landschaft mittels angemessener Bewirtschaftung zu pflegen und zu erhalten. Es geht dabei um ein labiles Gleichgewicht, wo ein Zuviel oder Zuwenig (an Bearbeitung) gleichermaßen unheilvoll wirken würde. Wer sich am Orte mit offenen Augen umsieht, der bemerkt sehr schnell, daß diese Alp (wie manche andere) eine vorgeschobene Position ist, wo jene Balance, die offene Grenze zwischen der Macht der Natur und dem Zugriff des Menschen, deutlich sichtbar wird. Der Hain gibt davon ein beredtes Zeugnis: nicht Wald und nicht Garten, verweist er auf Wildwuchs und Hege zugleich. Vor allem wer naturfern in Städten lebt, dem wird hier noch etwas von jenem alten Hintergrund spürbar, den Wert und Sache der Kultur prägen. (..)

Karl Prantl, 1988


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Was das Gasthaus "Richisau" alles zu bieten hat


Das Angebot des Gasthauses "Richisau" - räumlich und kuliarisch - richtet sich an die Einheimischen und den Bergwanderer, den Passanten mit oder ohne Auto, an Vereins- und Betriebsausflügler, an beschauliche Feriengäste sowie an Leute, die an besonderem Ort einfach und gut einkehren und verweilen möchten.
Die drei Gaststuben bieten je rund 35 Sitzplätze. Die Räume können für sich abgeschlossen werden oder bei grösseren Anlässen verbunden werden, womit Bankette bis zu 120 Personen möglich sind. Für kleinere Familienanlässe, Geschäftsessen, Besprechungen oder als Vereinsstübli dient ein vierter Raum, das Schartlistübli mit 10 bis 24 Plätzen.
Die Gartenwirtschaft zwischen dem Neubau, den alten Alphütten und den weit über hundert Jahre alten Ahornbäumen ist in zwei Bereiche gegliedert. Der kleinere mit "modernen" - immerhin auch schon fünfzig Jahre alten - "Landi"-Stühlen ist die Apéro- oder Kaffee-Wirtschaft, und der grössere Bereich beim Gartenbuffet mit restauriertem alten Gartenwirtschaftsmobiliar für zirka 100 Gäste dient der Verpflegung. Gartenterrassen und der gesamte Restaurationsbetrieb sind rollstuhlfähig.

Glarnerland/Walensee, Jahrbuch 1988


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Durchsickerungen beim Erddamm Rhodannenberg


Der Staudamm Rhodannenberg schliesst den Klöntalersee, der heute zu den bekannteren Naherholungsgebieten des Glarnerlandes zählt, gegen Osten ab. Der zwischen der Wiggis- und der Glärnischkette eingebettete See speichert die Wassermassen des Löntschbaches und bildet mit einem Volumen von annähernd 40 Mio m3 das Reservoir des Kraftwerkes am Löntsch (Bild 1). Die im rund 5 km talabwärts gelegenen Netstal stehenden drei Maschinengruppen produzieren bei einem Bruttogefälle von 372 m und einer Ausbauwassermenge von 25 m3/s jährlich 114 GWh elektrische Energie.
Bereits vor dem Bau des in den Jahren 1905 bis 1910 erstellten Erddammes war das Klöntal an der heutigen Sperrstelle durch einen mächtigen prähistorischen Bergsturz abgeschlossen. Der dadurch gebildete kleinere natürliche See, dessen Seespiegel über der heutigen Staukote lag, wurde bereits in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts energietechnisch genutzt. Schliesslich schlossen sich die Industriellen des Glarnerlandes vor etwa 100 Jahren zur Löntschkorporation zusammen, um einen neuen, tiefergelegenen Abzugsstollen zu bauen.
Beim Staudamm Rhodannenberg handelt es sich um einen 22 m hohen, gezonten Erddamm mit einer Kronenlänge von 220 m. Er ist aus einem dichtenden Tonkern, einer Filterzone und dem Stützkörper aufgebaut. Der Kern ist etwa 6 m in die Bergsturzmasse eingebunden. Ein Injektionsschirm, der den Untergrund durchgehend abdichtet, fehlt. Bereits nach dem Erstaufstau wurden daher in den alten Abzugsstollen beträchtliche Sickerwassermengen beobachtet. Um solche Verluste zu reduzieren, wurde interessanterweise bereits 1917 eine Pumpanlage in Betrieb genommen, die das Sickerwasser in den Klöntalersee zurückfördert. (..)


(..) Die in die Stabilitätsuntersuchungen integrierte rechnerische Durchflussanalyse führte unter Berücksichtigung der Trübungsmessungen zwar zu einer durchwegs befriedigenden Sicherheitsbeurteilung, dennoch war man bei den Sickerwegen, die zur gesamthaft recht hohen Leckwassermenge von etwa 600 l/s führten, vorwiegend auf Vermutungen angewiesen. (..)


(..) Zur Klärung der Sickerwege des bereits nach dem Erstaufstau anfallenden Leckwassers von 600 l/s wurden in den Jahren 1936 bis 1938 ausgedehnte Untersuchungen durchgefuhrt. Einerseits wurden die Wassertemperaturen und der Chemismus des Sickerwassers analysiert, andrerseits sollten mit geoelektrischen Methoden und Färbversuchen die verborgenen Fliesswege aufgespürt werden. Aus den vorliegenden Ergebnissen ist jedoch zu schliessen, dass die damaligen Bemühungen zu keinen neuen Erkenntnissen führten. Die Gründe dürften sowohl in der Komplexität der geologisch-geotechnischen Verhältnisse als auch in einer eher mangelhaften Versuchsauswertung zu suchen sein. Auch die 1982 im Dammkörper durchgeführte Sondier- und Untersuchungskampagne liess keine Zonen erhöhter Durchlässigkeit erkennen. (..)


(..) Die von Professor Dr. W. Ernstan der Universität Tübingen entwickelte Methode, die es erlaubte, den Dammkörper und den Untergrund durch systematische Begasung innerhalb von zwei Wochen im Felde zu untersuchen, schien daher geeignet. Die Injektionen von Kohlendioxyd, die teilweise durch geoelektrische Messungen unterstützt wurden, konnten praktisch witterungsunabhängig durchgeführt werden. Sie erfolgten im Frühjahr 1988, sobald es die Zugänglichkeit erlaubte, und verursachten dem Kraftwerk am Löntsch keine nennenswerten Produktionsverluste. (..)


(..) Das durch Injektionen in den Untergrund eingepresste Kohlendioxyd breitet sich nach dem Prinzip des geringsten Widerstandes innerhalb durchlässiger Materialzonen oder Schichtgrenzen aus. Unter Druck stehendes CO2-Gas kann sich aufgrund von Versuchen in Lockergestein horizontal bis zu 300 m weit ausbreiten. Je nach Einpressdruck, der sich in Abhängigkeit der Durchlässigkeit des zu untersuchenden Erdmaterials zwischen 0,5 und 1,5 bar bewegt und für den zu untersuchenden Untergrund unschädlich ist, kann die Ausbreitgeschwindigkeit 6 bis 12 m/h betragen. Ist der Gasdruck im zu untersuchenden Untergrund abgebaut, sei es durch eine zu hohe Durchlässigkeit oder die Beendigung der Injektion, beginnt das CO2 vertikal durch das Porensystem an die Oberfläche zu diffundieren; d.h., die an die Oberfläche aufsteigende Gasmenge sowie ihre dortige Ankunftszeit ergeben direkte Hinweise über Ort und Umfang einer allfälligen Leckage. Das an der Oberfläche austretende CO2 wird mit einer Vielzahl von Messsonden erfasst, die vorgängig versetzt werden. Während des Versuches werden die von den Sonden registrierten Gaskonzentrationen periodisch erfasst. (..)

(..) Die im Frühjahr 1988 systematisch durchgeführte Begasung der Talsperre Rhodannenberg erfolgte primär von der zweiten wasserseitigen Berme aus. Beidseits der Dammkrone sowie im Bereich der obersten und untersten Berme der Dammluftseite wurden Messsonden plaziert. Die Dammlänge wurde dabei in neun separat untersuchte Injektionsfelder von 20 m Breite unterteilt. Injektionssonden und Messsonden wurden in einem gegenseitigen Abstand
von 4 m versetzt. Die im Sinne einer Redundanz durchgeführten geoelektrischen Messungen im Bereich des rechten Widerlagers wurden durch die CO2-lnjektionen der Felder 6 und 7 unterstützt. Mit Hilfe des geoelektrischen Messfeldes im Stauraum konnten die Fliessvorgänge in der Zone der Versickerungstrichter analysiert werden. (..)


(..) Die geoelektrischen Messungen im Bereich der Versickerungstrichter führten zur beruhigenden Erkenntnis, dass das durch die Trichter verschwindende Wasser zum alten Löntschlauf hin abfliesst. Von einer eng begrenzten Zone am linken Ufer strömt das Sickerwasser siphonartig in den ehemaligen Bachlauf und unterquert die Talsperre ungehindert.
Im rechten Seeuferbereich, knapp unterhalb des maximalen Stauspiegels des Klöntalersees, ist eine lokal begrenzte undichte Zone vorhanden. Sie steht mit einem analogen Bereich, der sich in Verlängerung der Dammachse im rechten Widerlager befindet, in Verbindung. Auf der Luftseite wird das den Damm umfliessende Wasser einerseits gegen die Talmitte und andererseits vorübergehend ins Flankeninnere umgelenkt...

Ernst Honegger, 1990


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Aussergewöhnliches im Klöntal

Am 10. Mai 1970 lagen noch ein paar Schneeresten auf der Autostrasse, die entlang dem Klöntalersee, vom Rhodannen zum Vorauen führt. Die auf dem Bergsee liegende Eisschicht war allerdings bereits dünn und im Begriff sich langsam aufzulösen. In unmittelbarer Nähe des sogenannten Hinteren Ruestelchopf zeichnete sich der reizvolle und kurvenreiche Verlauf des Baches auf der gefrorenen Seeoberfläche ab. Während der Mittagszeit konnte eine schwache Strömung festgestellt werden. Solange die Temperatur über Null lag, führte der Bach auch Schlemmsand und Steine mit sich. Entsprechend dem sinkenden Temperaturverlauf verlangsamte sich die Strömung, konnte bis gegen den späteren Nachmittag nur noch Sand und kleinere Steine mit sich führen. Was geschah mit den grösseren Steinen? Sie wurden beidseitig des bald wieder erstarrten Baches deponiert. Das Aussergewöhnliche war, dass diese abelagerten Steien wie von Menschenhand gesetzt und einer Perlenkette ähnlich auf einer grossen Distanz den Bach säumten.

Pierre Haefelfinger, 1996


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Meine Beobachtung


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